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Reform der Krankenhausversorgung

Michael Kauch (Mitte) mit dem Koordinator des Themenabends Léon Beck (links) und dem Kreisvorsitzenden Olaf in der Beek (rechts)
Michael Kauch (Mitte) mit dem Koordinator des Themenabends Léon Beck (links) und dem Kreisvorsitzenden Olaf in der Beek (rechts)

Der FDP-Kreisverband Bochum begrüßte mit einer Reihe von Gästen gestern um 19.00 Uhr im Restaurant Lennox den ehemaligen FDP-Bundestagsabgeordneten Michael Kauch und diskutierte über Fehlanreize im System der Gesundheitsfinanzierung und notwendigen Reformbedarf.

 

Die Kostenexplosion im Gesundheitswesen ist seit langem Gegenstand öffentlicher Debatte. Über Ursachen und Implikation klärte der Referent zunächst in einem spannenden Impulsreferat auf. Ursprünglich erfolgte die Vergütung von Krankenhausleistungen bis zum Beginn der 2000er Jahre überwiegend über Tages- und Pflegesätze und zu einem nur geringen Teil über Fallpauschale und Sonderentgelte. Seitdem erfolgt die Vergütung über ein besonderes Klassifikationssystem, in dem diagnosebezogene Fallgruppen gebildet wurden. Das seitdem in Deutschland praktizierte System hat eine geringere Komplexität durch Zusammenfassung von ähnlichen Behandlungen und hat dem Prinzip "längere Liegezeit bringt mehr Geld" zunächst ein Ende bereitet. Allerdings führt das Durchschnittskostenprinzip oft zu einer Überbezahlung der Standarttherapie und zu einer Unterfinanzierung und damit Unterdeckung der Anwendung innovativer Methoden, an deren Fortentwicklung die Gesellschaft allerdings ein Interesse haben muss.Zudem spielt die Qualität der medizinischen Leistung keine Rolle, bei der Ermittlung der Durchschnittskosten lediglich die Kostenvarianz.

 

Die dem System immanente Kürzung der Leistung bei Unterschreiten der Grenzverweildauer führt darüber hinaus im internationalen Vergleich zu "kränkeren Patienten" und damit weiterhin zu unnötig langen Liegezeiten. Damit zeigt sich das DRG System zwar als erheblicher Fortschritt gegenüber dem bisherigen Vergütungssystem. Die Ausgestaltung im Detail ist aber eher innovationsfeindlich, insbesondere die Definition der unteren und oberen Grenzverweildauer ist nach wie vor ein ökonomischer Fehlanreiz für unnötig lange Liegezeiten.

 

Dringend bedarf es der Aufnahme qualitativer Kriterien. Dies gilt auch für das Zulassungsverfahren bei der Überführung eingeführter Methoden aus dem Krankenhaus in den ambulanten Sektor, der einer rein ökonomischen Betrachtung und keiner medizinischen Nutzenbewertung unterliegt. Ohnehin beklagte der Referent eine überlange Verfahrensdauer im Bewertungsausschuss für ambulante Abrechnungsmöglichkeiten. Nach wie vor verfügen wir in Deutschland über eine qualitativ hochwertige medizinische Versorgung, die allerdings nur dann gehalten werden kann, wenn im Abrechnungssystem der gesetzlichen Krankenversicherung mehr Innovationsanreize als bisher abgebildet werden.

 

In der lebhaften Diskussion ergab sich zudem, dass ein Teil der Erhöhung der Behandlungskosten dem Umstand geschuldet sind, dass die Länder die Investitionsbudgets der Krankenhäuser nur unzureichend ausstatten. Investitionen in Gebäude, Anlagen und Geräte werden durch die Investitionsbudgets der Länder finanziert, während die Behandlungskosten aus dem Beitragsaufkommen der gesetzlichen und privaten Krankenversicherung finanziert werden sollen. Tatsächlich stellen die Länder allerdings den Krankenhäusern nur unzureichende Investitionsbudgets zur Verfügung, so dass die Krankenhäuser gezwungen sind, Investitionen – systemfremd - aus den Behandlungsvergütungen zu finanzieren und deswegen Behandlungsmethoden mit hoher Wertschöpfung bevorzugen. 

 

Insgesamt eröffnete die Diskussion der Mehrzahl der Teilnehmer eine völlig neue Perspektive auf das Thema. Die beginnende Übertragung des Spiels zwischen Borussia Dortmund und Real Madrid in der Champions League beendete den Abend leider früher als gewohnt.