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Rede zum Haushalt 2016

In der heutigen Ratssitzung wurde der städtische Haushalt 2016 beraten. Bereits vor der Sitzung machte die Fraktion "FDP & DIE STADTGESTALTER" mit einer Aktion auf dem Ratshausplatz auf das Ausmaß der städtischen Verschuldung aufmerksam. In der seiner Haushaltrede begründete der Fraktionsvorsitzende Felix Haltt, warum "FDP & DIE STADTGESTALTER" gegen den Plan des Stadtkämmerers stimmte:

 

"Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

meine sehr geehrten Damen und Herren,

 

2016 soll nach unserer Auffassung ein Jahr der Transparenz werden. Transparenz bedeutet dabei nicht nur, dass man Informationen offen legt, sondern auch Sachverhalte nachvollziehbar und verständlich macht. Das fällt bei den städtischen Schulden mittlerweile schwer. Mittlerweile sind es rund 1,8 Mrd. Euro. Eine solche Summe kann man sich eigentlich kaum vorstellen. Würde man diesen Betrag in 100-Euro-Scheinen stapeln, bräuchte man sage und schreibe 27 Europaletten. Wir haben dies heute auf dem Rathausvorplatz dargestellt.

 

Doch wie verhält sich die Stadt Bochum? Wir geben wieder mehr aus, als wir einnehmen. Die Kreditaufnahme für Kommunalkredite wird 2016 bei 67 Millionen € liegen, dazu sollen heute noch die knapp 13 Millionen € für mobile Wohnanlagen kommen. Die Netto-Neuverschuldung soll 26 Millionen € betragen. Ob dies tatsächlich reicht, ist zweifelhaft. Die Verschuldung pro Kopf lag am 31.12.2014 insgesamt bei über 4.700 €. Die Tendenz ist weiter steigend. Und trotzdem konnte man ab und an heraushören, dass es uns doch so schlecht nicht mehr gehe und man doch eigentlich auf einem guten Weg sei. Da kann man nur froh sein, dass sich die Politik bei den diesjährigen Haushaltsberatungen mit Begehrlichkeiten einigermaßen zurückgehalten hat.

 

Der Personalaufwand mit knapp 250 Millionen € bleibt bei den ordentlichen Aufwendungen weiterhin einer der größten Batzen. Umso wichtiger bleibt das Ziel einer nachhaltigen und anforderungsgerechten Personalentwicklung, bei deren Konzeption wir immer noch nicht so recht vorankommen. Rot-Grün hat immer wieder verkündet, dass die Haushaltskonsolidierung allein durch über Personal- und Stellenabbau nicht das politische Ziel sei. Wir sind der Meinung, dass jedoch eine echte Haushaltskonsolidierung ohne Maßnahmen in diesem Bereich gar nicht erst möglich ist.

 

Vielfach kann man nämlich das Phänomen beobachten, dass die Stadt Dinge selber machen will, obwohl man die Erledigung auch an Private ganz oder teilweise übergeben könnte. Das Paradebeispiel bleiben dabei die städtischen Alten- und Pflegeheime. Der Sanierungsstau ist bei der SBO ist immer noch groß. Aber anstatt zumindest einen privaten Investor mit ins Boot zu holen, macht man lieber selber weiter. Es ist geradezu gesetzt, dass die Stadt in den nächsten Jahren weiterhin hohe Verlustausgleiche für die SBO stemmen muss. Und wenn es schlecht läuft, werden die Heime auch über 2022 hinaus noch ein kostspieliger Klotz am Bein sein.

 

Um die hohen Ausgaben der Stadt zu schultern, wird immer wieder gerne an der Einnahmenschraube gedreht. Wir leisten uns mittlerweile bei der Gewerbesteuer einen Steuer-Hebesatz von 495 v. H., damit sind wir im interkommunalen Vergleich zum Glück nicht einsame Spitze, aber eben auch nicht so niedrig, um neue Investoren anzulocken. Dabei werden diese in Bochum dringend gebraucht. Jetzt sogar dringender denn je, denn irgendwie wollen wir ja unsere Gewerbeflächen, insbesondere auf den freiwerdenden Opel-Flächen, füllen.

 

Die Stadt Monheim, die jahrelang in der Haushaltssicherung war, ist daher einen anderen Weg gegangen. Anstatt die Gewerbesteuer immer weiter zu erhöhen, hat man die Gewerbesteuer gesenkt. Damit hat man neue Betriebe in die Stadt gelockt, die zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen und auch das Gewerbesteueraufkommen erhöht haben. Im Oktober 2015 konnte Bürgermeister Daniel Zimmerman sogar ankündigen, die Gewerbesteuer noch weiter zu senken.

 

Dieses Beispiel lässt sich vielleicht nicht 1 zu 1 auf Bochum übertragen. Es zeigt aber, dass man es schaffen kann, Neuansiedlungen von Betrieben zu schaffen.

 

Die Suche nach ansiedlungswilligen Unternehmen ist Aufgabe einer rührigen Wirtschaftsförderung. Die lange geforderte Neuorganisation ist endlich umgesetzt. Auch die engere Verzahnung von Wirtschaftsförderung und EGR ist mit der Verschmelzung zur Wirtschaftsentwicklungsgesellschaft erfolgt. Die organisatorischen Aufgaben sind damit erledigt, nun gilt es die eigentlichen Aufgaben beherzt anzugehen. Denn mit der Neuaufstellung ist auch der Bochumer Nachholbedarf deutlich geworden. So gelang in Bochum im Zeitraum 2005 bis 2013 keine einzige Ansiedlung von Unternehmen mit einem Flächenbedarf über 2 ha, während der entsprechende Anteil aller Neuansiedlungen in der Metropole Ruhr bei rund 51% lag. Die städtische Wirtschaftsförderung hat es versäumt, entsprechende Flächen anzubieten. Also siedelten sich entsprechende Unternehmen nicht in Bochum und Wattenscheid an, sondern in anderen Städten der Metropole Ruhr. Wir brauchen aber eine dynamische Wirtschaftsentwicklung, um die Einnahmesituation der Stadt zu verbessern, ohne die Bürgerinnen und Bürgern zusätzlich zu belasten.

 

Zum guten Haushalten gehört auch, dass man nicht mehr ausgibt, als eigentlich dafür vorgesehen hat. Das gelingt uns in Bochum gerade bei großen Projekten viel zu selten. Ich erinnere daran, wie damals das Neue Gymnasium entgegen stets anderer Ankündigungen fast 3 Millionen € mehr kostete. Der Schuldezernent nannte dies damals eine Punktlandung. Solche Punktlandungen können wir uns aber einfach leisten, weil wir schlichtweg erhebliche Mehrkosten nicht verkraften können.

 

Das Kostencontrolling muss daher auch weiterhin immer mehr an Bedeutung gewinnen. Gerade auch beim Musikzentrum hatte man sich das vorgenommen. So richtig geklappt hat es jedoch nicht. Die Fertigstellung hat sich verzögert, finanzielle Nachbewilligungen waren notwendig. Die frohe Botschaft, dass man bei dem bekanntesten Großprojekt in Bochum nicht über die Stränge geschlagen hat, ist damit ausgeblieben.

 

Das Musikzentrum ist aber leider kein Einzelfall. Die Liste der ausufernden Projekte ist 2015 mal wieder länger geworden, zahlreiche „Baustellen des Grauens“ sind dazu gekommen. Der Platz des europäischen Versprechens ist fertig gestellt, die Kosten haben sich dabei beinahe verdreifacht. Kanalbaumaßnahmen werden fast schon regelmäßig teurer und kosten uns millionenschwere Nachbewilligungen, die außerplanmäßig beschlossen werden müssen. Ein weiteres, leidiges Thema ist dann der Mensenbau. Auch dort gab es Verzögerungen und Verteuerungen. Und als ob das nicht genug wäre, hat man sich dann noch die Posse um die Von-Waldthausen-Brücke geleistet, die über 1 Mio. € teurer wurde als politisch beschlossen. Was könnte man da sparen, wenn man ordentlich geplant hätte. Und wenn man die Ursachen nicht gründlich untersucht, bleibt zu befürchten, dass auch in Zukunft Gelder durch mangelhafte Planung verschwendet werden.

 

Regelmäßige Kostenüberschreitungen darf man nicht einfach hinnehmen und quasi als normal hinstellen. Solche massiven Kostensteigerungen sind Düngemittel für besorgte Bürger und andere Wut-Bürger. Wir produzieren damit immer neue Politikverdrossenheit. Die Politik tut gut daran, sich an die eigenen Vorgaben zu halten. Denn die Bürgerinnen und Bürger haben kein Verständnis, wenn maßlos mit ihren Steuergeldern umgegangen wird.

 

Viel ließe sich noch weiter sagen. Ein Hinweis ist jedoch unverzichtbar. Wie so oft mahnen wir das Einhalten der Konnexität an. Sowohl Land als auch Bund lasten den Kommunen Aufgaben auf, für die die Kosten jedoch nicht vollständig übernommen werden. Gerade auch bei der Unterbringung und Betreuung von Flüchtlingen drängt sich immer wieder der Eindruck auf, dass nicht alle nötigen Mittel wirklich an die Kommunen weitergegeben werden. Dies muss man mit Hartnäckigkeit auch beim Land einfordern. Und dabei kann es auch nicht sein, dass man immer nur die Samthandschuhe anhat, sondern sich notfalls auch mal deutlicher gegen die Überlastung wehrt. Die Versäumnisse des Landes und des Bundes machen die Lage noch schlimmer, als sie durch die städtische Finanzpolitik ohnehin schon ist.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn Sie meiner Rede gefolgt sind, wenn Sie sich erinnern, wie ich am Anfang meiner Rede die Transparenz erwähnt habe. Im Sinne dieser Transparenz bin ich Ihnen dann noch eine Information schuldig: im Kern bestand meine Haushaltsrede aus der Rede, die ich zum Haushalt 2013 gehalten habe. Es waren nur wenige Anpassungen notwendig, um sie aktuell zu machen. Einige Zahlen mussten angepasst werden – leider eher nicht zum Positiven.

 

Dass man die Rede zum Haushalt 2013 relativ problemlos auf den Haushalt 2016 ummünzen kann, macht eins deutlich: wir treten in Bochum auf der Stelle. Wir fahren vielfach nur auf Sicht. Einen richtigen Masterplan zu einer Haushaltskonsolidierung gibt es nicht. Unsere Vorschläge, Kostenüberschreitungen genauer zu untersuchen, um sie künftig zu verhindern, auf risikoreiche Geschäfte und Beteiligungen zu verzichten oder an einen oder anderen Stelle auf Privatisierungen zu setzen, wurden abgeschmettert.

 

In der Gesamtabwägung kann die Fraktion "FDP & DIE STADTGESTALTER" daher nur zu dem Schluss kommen, dass wir den heute zur Abstimmung stehenden Haushalt nicht mittragen. Wir werden daher dagegen stimmen."